Max Wittlinger liebt die Abwechslung in der Natur. Und dies vor allem dort, wo auch der Begriff der Nachhaltigkeit einst seine Wurzeln geschlagen hat: Im Wald.
Man kann sie riechen, umarmen, sich ihres Anblicks erfreuen und Kenner eines guten Tröpfchens können sie vielleicht sogar schmecken. Die Bäume des Ulmer Waldes werden nach dem Verkauf zu Brennholz, bilden die Grundlagen für Dachstühle und Parkettböden, bekommen als Möbelstück ein neues Leben, werden zu Stilen für Hammer und Äxte oder eben auch zu Papier verarbeitet. „So manches Eichenholz aus unserem Bestand wird auch zu Fässern für französischen Rotwein geformt“, erklärt Max Wittlinger auf einem gemeinsamen Spaziergang durch die Böfinger Halde.
Hier im Wald hält sich der Leiter der Unteren Forst- und Landwirtschaftsbehörde trotz vollem Terminkalender und viel Scheibtischbürokratie eben immer noch am liebsten auf: „Das Zusammenspiel von jungen Pflanzen, starken Baumstämmen und sattem Grün ist einfach fantastisch. Und wenn im Frühjahr noch der Bärlauch wächst, sieht das an manchen Stellen aus, als ob man einen weißen Teppich ausgerollt hätte.“
Keine Frage: Ein Bummel durch den Ulmer Stadtwald, ein vielschichtiges Ökosystem, tut allen Sinnen gut und dient durchaus der Erholung. Und das Schöne: Es ist genug für alle da. „78 Bäume kommen auf jeden Einwohner“, so der Oberforstrat der Stadt Ulm: „Insgesamt gibt es im Stadtkreis 2.800 Hektar Waldgebiete. 1.300 Hektar gehören der Stadt, der Rest dem Land, dem Bund und ist Privatbesitz.“
Fichten verschwinden
Doch was macht der Klimawandel mit unserem Wald? Eines ist klar: Er muss kämpfen. Und wir mit ihm. Und für ihn. Immer mehr. Und dabei geht es nicht nur um Hitze und Trockenheit, sondern mitunter auch ordentlich Starkwind. Gerade Fichten, die mit ihren flachen Wurzeln keinen guten Halt haben und nicht genügend Wasser aus dem Waldboden saugen können, knicken dann reihenweise um. Max Wittlinger: „Früher galten die Fichten als Brotbäume. Denn ihr gutes Bauholz sicherte vielen Menschen ihr Einkommen.“ Die Zeiten sind vorbei, denn die Fichten verabschieden sich allmählich aus der Natur.
Wird es immer heißer, finden auch immer mehr Schädlinge ihren Weg in unsere heimischen Wälder, darunter auch der Japankäfer oder der asiatische Laubholzbockkäfer. Max Wittlinger: „Dann herrscht Alarmstufe Rot.“
Es bleibt grün
Doch wenn man einen Blick in die Zukunft wagt, dann sieht man auch weiterhin viel Grün mit immer mehr stabileren Laubhölzern. Dazu zählen unter anderem Ahorn, Linden, Hainbuchen, Elsbeere und Esskastanien, mit denen unsere Wälder seit den 1990er-Jahren aufgeforstet werden. Und auch der Begriff „Nachhaltigkeit“ stammt ja ursprünglich aus der Forstwirtschaft. „Ein Wald wird dann nachhaltig genutzt, wenn nur so viel Holz geschlagen wird, wie auch nachwächst“, so erklärt der 59-jährige Dipl.-Forstingenieur, der schon als Jugendlicher ein Praktikum beim Ulmer Forstamt gemacht hat, die goldene Regel. In Ulm sind das 9.000 Kubikmeter pro Jahr. Darunter ist die Eiche die wertvollste der etwa 30 hier angesiedelten Baumarten. Ihre Hölzer lassen sich noch immer am wirtschaftlichsten für die Stadt vertreiben. Max Wittlinger und seine Behörde setzen alles daran, dass dies auch noch lange so bleiben wird und wir den Wald auch weiterhin genießen können – mit all unseren Sinnen.