Für Ivo Gönner war es eine eher ungewöhnliche Aufgabe. „Als Festredner kenne ich mich aus. Als Trauerredner wurde ich bislang noch nicht gefordert“, erklärte der AltOB bei seinem Grußwort zur Veranstaltung „Solare Energien und Energieeffizienz – praktisch erlebbar“.
Kein Problem, denn Grund zum Trauern gab es im Stadthaus beileibe nicht.
Und wirklich, mit der Präsentation der durch die Solarstiftung Ulm/NeuUlm von 2015 bis 2019 geförderten Projekte gab es am 6. November mehr als genügend Gründe positiv in die Zukunft zu blicken – auch wenn die Stiftung im kommenden Jahr nach einem erfolgreichen Vierteljahrhundert, laut Ivo Gönner „zu Grabe getragen“ wird.
Hintergrund
Gegründet wurde sie im Jahr 1995 von den beiden Städten Ulm und NeuUlm. Diese freuten sich damals über eine kräftige Steuerrückzahlung an die gemeinsamen Stadtwerke. „Daraus entstand die Idee, das Geld in konkrete Projekte im Bereich der solaren Energien und der Energieeffizienz zu investieren“, so der damalige Rathauschef und Mitbegründer: „Anfänglich wurde dieses Vorhaben durchaus belächelt. Doch heute gehört es längst zum Standard, dass man sich landauf, landab mit regenerativen Energien auseinandersetzt.“ Dies war auch ein Grund, den Tag im Stadthaus zu veranstalten. Zur Erinnerung: Vor fünf Jahren wurde die Solarstiftung Ulm/NeuUlm in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt. Seither wurden 15 Projekte in ganz unterschiedlichen Anwendungsfeldern angestoßen und mit greifbaren Ergebnissen zum Abschluss gebracht – unter dem Projektträger unw.
Impulse für lokale Unternehmen
„Ich danke dem Ulmer Initiativkreis sehr herzlich für diese Arbeit. In den Projekten wurde gute Vorarbeit geleistet, die nun konkret umgesetzt werden muss. Denn letztlich geht es dabei auch um Standortpolitik und die Entwicklung gewinnbringender Geschäftsmodelle.“ Zudem erhoffte sich das Stadtoberhaupt von der Veranstaltung Impulse für die lokale Unternehmerschaft.
An dem Tag wurden alle Projekte in einem 60 minütigem SpeedDating vorgestellt. Zu den Projektträgern gehörten unter anderem die Technische Hochschule Ulm, das WBZU Berufsbildungs und Technologiezentrum gBgA, die Regionale Energieagentur Ulm gGmbH, die Hochschule für angewandte Wissenschaften NeuUlm, das Zentrum für Sonnenenergie und WasserstoffForschung Ulm sowie der Verein der Freunde und Förderer der RobertBoschSchule Ulm. Ob es um den Bau von Lastenfahrrädern, das Monitoring von Einfamilienhäusern, die Versorgungssicherheit und Netzstabilität durch die intelligente Regelung dezentraler Anlagen in Ulm, Brennstoffzellen für kommunale Einsätze oder moderne Heizsysteme im Neubau ging, ein Rundgang zu den einzelnen Stationen, die im großen Saal des Stadthauses aufgebaut waren, machte schnell klar, dass die Anwendungsmöglichkeiten solarer Energien oder deren effiziente Nutzung vielfältig sowie eine große Chance für die beiden Städte Ulm, NeuUlm und die Region sind.
Vorträge finden krönenden Abschluss
Eingebettet war die Präsentation in ein Programm voller interessanter Vorträge, darunter über PV-Freiflächenanlagen oder den Umgang von Photovoltaik beim Denkmalschutz und auf kommunalen Dächern.
Zum Abschluss sprach Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, über die Auswirkungen auf unser Leben, wenn die Menschheit nicht zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umstelle. Mit erschreckenden Bildern: „Eine Erdüberhitzung auf drei Grad bis 2050 ist existenzbedrohend. So werden zum Beispiel 55 Prozent der Menschheit jährlich mindestens an 20 Tagen tödlicher Hitze ausgesetzt sein. Und derzeit 20 Millionen Klimaflüchtlinge sind erst der Anfang.“
Doch für den ehemaligen Bundestagsabgeordneten ist eine Umkehr der schändlich vernachlässigten Klimapolitik möglich – wenn rasch gehandelt wird: „Die Energiewende ist keine Frage von technischer Machbarkeit oder Wirtschaftlichkeit, sondern eine des politischen Willens. Die Aufgaben sind groß, doch die Lösungen sind da. Packen wir es an.“ Und so sah das ja auch Ivo Gönner, der dann letztlich doch nicht als Trauerredner auftrat: „Die Zeit der Solarstiftung ist zwar vorbei. Doch nun macht sie Platz für neue Ideen und Initiativen.“ Der Tag im Stadthaus war der beste Beweis dafür.
Text: Stefan Loeffler
Download der Vorträge
Vortrag Dominic Kress: Praxisbeispiel Freiflächen-PV „Solarpark Granheim“